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Paris auf den Spuren von Hélène
Die französische Hauptstadt ist immer eine Reise wert. Und da Hélène de Beauvoir hier entscheidende Jahre ihres Lebens verbrachte, ist Paris für den Förderkreis natürlich von besonderem Interesse. Mitte Mai 2022 begaben sich einige Mitglieder auf ihre Spuren. Eine spannende Entdeckungsreise unter der Leitung von Ursula Vetter, zu der uns unser Mitglied Thomas Flickenschild einen Bericht gesendet hat. Vielen Dank dafür!
Unsere Studienreise vom 13. bis 15. Mai 2022
Von Thomas Flickenschild, Fotos: Ulrich Schwenn
Die ersten Planungen zur Studienreise nach Paris hatten noch einen Termin im September 2021 vorgesehen, zeitgleich zur visuell und emotional beeindruckenden Verhüllung des Arc de Triomphe nach den posthum umgesetzten Plänen von Christo und Jeanne Claude. Die Pandemie hat dieses Vorhaben aber verhindert und so wurde im Monat Mai – für Paris durchaus passend – die Studienreise neu terminiert.
Mit Ursula Vetter hatten wir eine hochkompetente Reiseleiterin, sowohl in Bezug auf die Lebensumstände und das Werk von Hélène de Beauvoir im Besonderen, als auch bezüglich des damaligen gesellschaftlichen und künstlerischen Umfelds im Allgemeinen. So konnten Querverbindungen zu anderen Künstlern und Kunstgattungen immer wieder herausgestellt und diskutiert werden.
Als Unterkunft diente das Hotel Mistral, in dem schon Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir im Jahr 1937 länger gewohnt hatten.
Im Geburtshaus von Hélène und ihrer Schwester am Boulevard de Montparnasse 103 neben dem Café/Restaurant La Rotonde befindet sich heute ein Kino. Das Rotonde, aber auch das gegenüber gelegene Dôme, heute beides eher ein Ziel für Touristen, war für Hélène und ihrer Schwester erst Sehnsuchtsort, später ein Zentrum für den Austausch mit anderen Künstlern und Intellektuellen.
In der ehemaligen katholischen Privatschule von Hélène, dem Cour Désir, konnten wir den Innenhof betreten und auf uns wirken lassen. Die Kunstschulen Académie Colarossi und Académie de la Grande Chaumière existieren noch, waren aber für Besucher geschlossen.
Die immer noch aktuelle Bedeutung des Katholizismus für die französische Bourgeoisie war spürbar, als sich während einer kleinen Pause im Obergeschoss des Café de la Mairie vor unseren Augen der große Platz vor der Kirche Saint Sulpice nach einer Kommunionsmesse mit den Familien füllte. Zur Gemeinde von Saint Sulpice gehörte auch die Familie de Beauvoir. Die unterschiedlichen Haltungen in ihrer Familie zur katholischen Kirche haben bekanntlich auch Hélène beeinflusst und das Nichteintreten einer mystischen Erfahrung anlässlich ihrer Kommunion hat sie von der Kirche entfremdet.
Als thematische Ergänzung war im Musée Luxembourg eine Ausstellung „Pionnières“ zu besichtigen. Hier wurde anhand verschiedener Künstlerinnen die Situation der Frauen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts dargestellt – angefangen in der Zeit vor dem ersten Weltkrieg über den Einsatz in Männerdomänen während und direkt nach dem Krieg bis hin zur Behauptung, Ausbau und Gefährdung des Erreichten in den Jahren danach.
Nicht fehlen durfte natürlich ein Spaziergang über den Jardin du Luxembourg und ein kurzer Besuch im nahen Saint Germain im inzwischen auch touristischen Café Les deux Magots. Ideale Orte, um Hélènes leidenschaftliche Beziehung zu Giraudoux, ihr Kennenlernen und spätere Heirat mit Lionel de Roulet sowie ihre ersten Ausstellungserfolge Revue passieren zu lassen, inclusive des Auftritts von Picasso bei ihrer ersten Vernissage.
Gerne wären wir ihren weiteren Spuren in Portugal, Italien, Wien und im Elsass direkt weiter gefolgt. Da ist doch hoffentlich noch die eine oder andere Studienreise als Fortsetzung möglich?
Jean-Paul Sartre und Simone ruhen in einem gemeinsamen Grab auf dem Friedhof von Montparnasse, ganz in der Nähe der atelierartigen Wohnung, die sich Simone vom Preisgeld des Prix Goncourt für ihren Roman Les Mandarins geleistet hat. Das gemeinsame Grab von Hélène de Beauvoir und ihrem Mann Lionel ist unter dem Familiennamen de Roulet auf dem Friedhof Père Lachaise zu finden. Abschließend muss leider erwähnt werden, dass das Grab einen verwilderten Eindruck machte, was wohl nicht nur daran liegt, dass in diesem Jahr der Mai sehr heiß und trocken ausgefallen ist. So haben wir zum Abschluss der Studienreise als Verbesserung der Situation Lavendel und Thymian in die Pflanzschale gesetzt.